Großer Feuerfalter (Lycaena dispar)

Großer Feuerfalter (Lycaena Dispar)
Schmetterlingsreich
Schmetterlingsreich
Großer Feuerfalter (Lycaena dispar)
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Verbreitung in Österreich

Der Große Feuerfalter ist in Österreich vor allem in Niederösterreich, dem nördlichen Burgenland, der Steiermark und Kärnten verbreitet, wo ausreichend Feuchtgebiete vorhanden sind. Er ist eine charakteristische Art von Niederungen mit Gewässernähe. In den Alpen fehlt er in höheren Lagen, kommt aber in Tälern mit Moorwiesen oder langsamen Flussläufen vor (z. B. Salzachauen in Salzburg , Gailtal in Kärnten). Aufgrund seines Anspruchs an feuchte Biotope ist sein Vorkommen inselartig und vielerorts rückläufig. Österreichweit wird L. dispar als stark gefährdet eingestuft und ist im Anhang II und IV der FFH-Richtlinie gelistet (Schutzgebiete und strenger Schutz sind erforderlich). Lokale Populationen existieren z. B. noch in den Donauauen östlich von Wien, im Seewinkel (Burgenland) und in Mooren des Alpenvorlands. Im Burgenland selbst gilt die Art als nicht gefährdet, da dort noch viele geeignete Lebensräume bestehen .

Bevorzugte Habitate

Lycaena dispar ist spezialisiert auf sehr feuchte, pflanzenreiche Lebensräume . Typische Habitate sind Nass- und Feuchtwiesen, insbesondere solche mit Gräben, Tümpeln oder Überflutungszonen . Auch Röhrichte und Seggenriede an Teich- oder Seeufern gehören dazu. Weiters besiedelt er Hochstaudenfluren am Rand von Mooren oder Flussauen (z. B. Pestwurz- und Mädesüß-Fluren). Wichtig ist stets das Vorhandensein seiner Raupennahrungspflanzen – verschiedenen Ampferarten – in ausreichend hoher Dichte . Daneben benötigen die Falter aber auch blütenreiche Wiesenbereiche für die Nektaraufnahme und geschützte Paarungsplätze: Die Männchen besetzen kleine Areale mit höherwüchsiger Vegetation (z. B. Büschel von Rohrglanzgras, Seggen oder Gebüschgruppen in der Wiese) als Rendezvous-Plätze . Generell sind die Lebensräume meist Mosaike: offener Wasser naher Bereich mit Ampfer, angrenzend blütenreiche Wiese und dazwischen strukturgebende Elemente. In Österreich liegt das Hauptvorkommen im Flachland (etwa March-Thaya-Auen, Seewinkel). In hügeligen Lagen über ~600 m wird er selten; Beobachtungen in höheren Tallagen (z. B. 500 m im Innviertel) traten erst in jüngerer Zeit vermehrt auf , möglicherweise infolge von Ausbreitungstendenzen.

Nektarpflanzen (Imagines)

Die Falter sind eifrige Blütenbesucher und benötigen ein reichhaltiges Angebot an Blüten in Habitatnähe . Sie saugen an zahlreichen Pflanzenarten Nektar, wobei violette und gelbe Blütenoffensichtlich bevorzugt werden . Häufig nutzen sie DistelnFlockenblumenWasserdost (Eupatorium cannabinum), ZiestSumpf-Hornklee sowie Weidenröschen. In Feuchtwiesen wurden auch GilbweiderichKratzdistelnHerzgespann und Skabiosen beobachtet. In der Nähe von Gewässern trinken Feuerfalter zudem Wasser und Mineralien von feuchten Bodenstellen (Pfützenlecken). Besonders die Weibchen brauchen reichlich Nektar, da sie mit nur wenig entwickelten Eiern schlüpfen und die Eireifung stark von zusätzlicher Nahrung abhängt . Ein reiches Blütenangebot im Sommer (Mitte Juni bis Mitte Juli für Generation 1, sowie August für Generation 2) ist daher entscheidend . Studien in Deutschland zeigten, dass z. B. Trampenau & Krahl (2007)etwa violette Flockenblumen und gelben Wasserdost als wichtige Nektarquellen identifizierten . Auch Drews (2003) erwähnte, dass insbesondere Röhren- und Köpfchenblüten mit diesen Farben frequentiert werden . Falter finden Nektar oft auch an Dämmen, Grabenrändern oder ungemähten Wiesenstreifen – solche Strukturelemente innerhalb ihres Lebensraumkomplexes sind bedeutsam .

Futterpflanzen der Raupen (L1–L5)

Die Raupen des Großen Feuerfalters fressen an Ampfer-Arten (Rumex) . Bevorzugt wird in vielen Populationen der Wasserampfer (Rumex hydrolapathum), der in Nasswiesen und Gräben wächst . Studien in Deutschland zeigen jedoch, dass je nach Region andere Ampfer genutzt werden können: Im Südwesten werden oft Wiesenampfer (Rumex acetosa) oder Stumpfblättriger Ampfer (Rumex obtusifolius) akzeptiert , während im Nordosten vorwiegend Fluss-Ampfer (Wasserampfer) genutzt wird. In Österreich dienen meist großwüchsige Ampfer auf feuchten Böden als Eiablagepflanzen, z. B. Kräusel-Ampfer (Rumex crispus) an Grabenrändern oder Ufer-Ampfer (Rumex hydrolapathum) in Mooren . Die Weibchen legen die weißlichen Eier einzeln auf der Blattoberseite, oft entlang der Mittelrippe, an sonnenexponierten, windgeschützten Ampferpflanzen ab . Bevorzugt werden Pflanzen, die aus der umgebenden Vegetation etwas herausragen (z. B. hohe Ampfer in gemähtem Grünland oder an Grabenböschungen) . Die Raupen schlüpfen nach ca. 1–2 Wochen und fressen an den Ampferblättern; sie sind grün gefärbt und nachtaktiv. Nach mehreren Häutungen verpuppen sie sich meist an den Stängeln der Futterpflanze oder in unmittelbarer Bodennähe . Interessanterweise können Ampferpuppen kurzzeitige Überflutungen überstehen  – ein wichtiger Anpassungsvorteil in Überschwemmungsbereichen. Je nach Region bildet L. dispar eine (im Norden) oder zwei (im Südosten) Generationen pro Jahr; in Österreich meist bivoltin (Juni und August-September fliegen Falter). Die Überwinterung erfolgt als junge Raupe in der Vegetation.

Gefährdung und aktuelle Bestandssituation

Lycaena dispar ist europaweit betrachtet nicht gefährdet (Rote Liste Europa: LC) , jedoch in vielen mitteleuropäischen Ländern rückläufig. In Österreich wird er als stark gefährdet geführt . Der Hauptfaktor ist der Lebensraumverlust durch Entwässerung und Trockenlegung von Feuchtgebieten . Die Melioration von Mooren, das Begradigen von Bächen und Trockenlegen von Nasswiesen haben viele seiner Habitate vernichtet. Beispielsweise gingen in den Donauauen große Seggenwiesen durch Wasserstandsregulierung zurück. Auch die Intensivierung der Landwirtschaft in verbliebenen Feuchtwiesen setzt der Art zu : Häufigere Mahd (mehr als zweimal jährlich) und die Umwandlung kleinstrukturierter Nasswiesen in monotone Fettwiesen oder Maisfelder führten zum Rückgang. Hinzu kommt der Klimawandel, der zu veränderten Wasserregimen in Feuchtgebieten führt (z. B. Austrocknung von Moortümpeln in heißen Sommern) . Dadurch können Ampferbestände zurückgehen oder früher vertrocknen, sodass Raupen weniger Fraßzeit haben. Der isolierte Charakter vieler Restpopulationen ist ebenfalls problematisch: Sind Biotope fragmentiert, können lokale Aussterben nicht mehr durch Zuwanderung ausgeglichen werden. Dennoch gibt es Hoffnung: In einigen Regionen, wo Renaturierungsmaßnahmen stattfanden (z. B. Wiedervernässung von Mooren), stabilisierten sich Feuerfalter-Populationen oder breiteten sich aus. Die Art reagiert also positiv auf Habitatverbesserungen, was ihren Schutz besonders lohnend macht.

Maßnahmen zur Wiederansiedlung und Züchtung

Als prioritäre FFH-Art hat der Große Feuerfalter bereits von EU-LIFE-Projekten profitiert. In den Niederlanden und England wurden ähnliche Arten (bzw. Unterarten von L. dispar) erfolgreich wiederangesiedelt, indem Zuchtprogramme durchgeführt wurden . In Österreich liegt der Fokus derzeit darauf, bestehende Populationen zu stützen. Eine Wiederansiedlung käme in Frage, wenn ein ehemals besiedeltes Feuchtgebiet (z. B. ein wiedervernässtes Moor) erneut optimale Bedingungen bietet, aber keine natürliche Zuwanderung erfolgt. In diesem Fall könnten aus einer Spenderpopulation einige Eigelege oder Raupenentnommen und in geschützten Bereichen des Zielgebietes ausgebracht werden. Denkbar ist auch, Weibchen einzusammeln und in Freilandvolieren im Zielhabitat Eier legen zu lassen, sodass die jungen Raupen gleich an den dortigen Ampfern starten. Die Zucht des Großen Feuerfalters wird in Spezialzuchten (z. B. für Forschungszwecke) praktiziert: Man hält die Falter in einem Feuchtterrarium mit Ampferpflanzen, lässt sie paaren und Eier ablegen. Die Raupen werden auf frischen Ampferblättern hochgefüttert. Schwieriger ist die Überwinterung – da die Art teils als Raupe überwintert, müsste man diesen natürlichen Rhythmus nachahmen (z. B. Kühlhaltung der Raupen über Winter). Insgesamt ist Zucht und Auswilderung sehr arbeitsintensiv. Daher setzt man in der Regel zuerst darauf, das Habitat so zu verbessern, dass natürliche Populationsanstiege erfolgen. Zuchtprogramme könnten flankierend bei sehr kleinen Restpopulationen eingesetzt werden, um Inzucht zu vermindern oder das Aussterberisiko zu senken – etwa indem Puppen in Gefangenschaft aufgezogen und im Habitat verteilt werden.

Habitatmanagement

  • Konkrete Maßnahmen: Oberstes Ziel ist die Erhaltung und Wiederherstellung großflächiger Feuchtwiesenlandschaften mit hohem Grundwasserstand . Bestehende Entwässerungssysteme sollten wenn möglich stillgelegt oder rückgebaut werden . In den Habitaten des Feuerfalters ist ein vielfältiges Nutzungsmosaik ideal : Also nicht alle Wiesen gleichzeitig mähen, sondern unterschiedliche Schnittzeitpunkte und Nutzungen (ein Teil als Mähwiese, ein Teil als Weide, ein Teil ungenutzt/Brachestreifen). Empfohlen wird beispielsweise, die Landschaft aus etwa einem Drittel Mähwiesen, einem Drittel Weide (schonend beweidet) und einem Drittel ungenutzter Brachen mit Störstellen bestehen zu lassen . Wichtig sind blütenreiche Teillebensräume innerhalb des Gebietes – also z. B. Säume entlang von Gräben oder Wiesenränder mit vielen Blütenpflanzen, die nicht gemäht werden . Außerdem müssen Ampferbestände geschont und gefördert werden: An Uferlinien von Gräben und Teichen sollte Wasserampfer erhalten bleiben, Mahd dort nur abschnittsweise und in mehrjährigen Abständen . Kleinflächige Störungen im Boden (z. B. Tritt durch Vieh an Gewässerufern) können förderlich sein, da sie offene Keimstellen für Ampfer schaffen. Aufforstungen in ehemaligen Feuchtwiesen sind unbedingt zu unterlassen – Feuerfalter brauchen offenes Grünland . Generell gilt: Wo immer möglich, Nassflächen nicht entwässern und Grundwasser hoch halten (ggf. Staue einbauen).
  • Zeitplan: Die Mahd sollte in Abstimmung mit dem Falterflug erfolgen: Zweischürige Mahd, aber nicht im Juni (1. Generation) und nicht im August (2. Generation) . Konkret: Erste Mahd entweder sehr früh (Ende Mai) oder erst Mitte Juli, zweite Mahd ab Ende September. Noch besser ist ein rotierendes System: ein Teil der Wiese jedes Jahr auslassen oder spät mähen. Brachen dürfen auch mehrere Jahre ungemäht bleiben, sollten aber alle 3–5 Jahre einmal entbuscht oder gemäht werden, damit sie nicht verbuschen. Weidewirtschaftkann ganzjährig (von April bis Oktober) erfolgen, aber nur in geringer Besatzdichte (max. ~0,5–0,6 GVE/ha)  und vorzugsweise keine ganzjährige Dauerbeweidung, sondern kurzzeitige Beweidung mit Zwischenerholung der Fläche. Entwässerungsgräben pflegt man – falls nötig – nur alle paar Jahre und abschnittsweise , um immer Abschnitte mit Uferbewuchs (Ampfer, Seggen) zu erhalten. Heckenpflege oder Gehölzentnahme am Wiesenrand sollte im Winter geschehen, damit im Frühjahr kein Schattenschlag auf die Wiese auftritt. Für die Wiedervernässung(Rückstau von Wasser) sind behördliche Planungen nötig; deren Zeitplan richtet sich nach wasserrechtlichen Vorgaben, aber im Feld sollte man z. B. Staubretter im Spätherbst einsetzen, damit die Winter-Niederschläge gleich genutzt werden.
  • Materialbedarf: Für das Feuchtwiesenmanagement werden ggf. Weidezäune benötigt, um eine rotierende Beweidung zu ermöglichen (Weideflächen abteilen). Bei Mahd: Geräte zum Schnittgutabtransport (da Schnittgut entfernen wichtig ist, um Nährstoffe zu entziehen). Für Wiedervernässung: kleine Stauwehre oder Dammbalken in Gräben; falls Moorgräben verfüllt werden sollen, Material wie Lehm oder lokal anstehender Torf. Zur Förderung der Ampfer kann es sinnvoll sein, an geeigneten Stellen gezielt Wasserampfer anzupflanzen: Hierzu können Wurzelstöcke von Rumex hydrolapathum aus Nachbargebieten entnommen (mit Genehmigung) und in flache Grabenränder eingesetzt werden. Auch Rumex obtusifolius (Stumpf-Ampfer) lässt sich durch Einsaat fördern, da er oft in mäßig feuchten Wiesen gedeiht – entsprechendes Saatgut könnte Verwendung finden.
  • Notwendige Maschinen oder Geräte: In nassen Böden sind leichte Geräteträger (z. B. Balkenmäher oder Motormäher mit breiten Reifen) den schweren Traktoren vorzuziehen, um Bodenverdichtung zu vermeiden. Anstelle von Traktoren können auch kleine Kettenfahrzeuge (Moor-Bagger) zum Einsatz kommen, etwa um Staue anzulegen. Für Zaunbau: Erdbohrer oder Vorschlaghammer zum Einschlagen von Pfosten. Zum Grabenstauen: Spaten und Schaufeln sowie evtl. ein Minibagger. Bei der Mahd gilt: Messermähwerke oder Sensen sind rotierenden Mulchgeräten vorzuziehen, um schonend zu schneiden (Falter und andere Insekten können eher entkommen).
  • Hinweise zur Umsetzung in der Praxis: Viele der Maßnahmen lassen sich in Kooperation mit Landnutzern umsetzen. Zum Beispiel können Landwirte im Rahmen von Schutzprojekten finanzielle Anreize erhalten, einen Teil ihrer Wiese später zu mähen oder Brachen als „Schmetterlingsinseln“ stehen zu lassen. In Schutzgebieten (z. B. Natura 2000-Gebieten für L. dispar) sollten Managementpläne die oben genannten Mosaiknutzungen festschreiben. Eine Besonderheit beim Feuerfalter ist das Konzept der Rendezvousplätze: Man hat festgestellt, dass Männchen z. B. Gruppen von höherwüchsigen Pflanzen wie Seggenhorste oder stehen gelassene Wiesensäume für Revierzeigen nutzen . Praktisch heißt das: Bei der Mahd bewusst kleine Altgrasinseln(vielleicht 3 m breite Streifen) stehen lassen , die jährlich versetzt gemäht werden – so hat jedes Jahr 1/3 der Streifen Altgras und bietet den Männchen Balzplätze. Diese Methode wurde z. B. im Saarland erfolgreich erprobt . Ein weiterer Punkt ist die Vernetzung von Habitaten: Wo möglich, sollten zwischen bestehenden Populationen Pufferzonen extensiv bewirtschaftet werden, sodass Austausch stattfinden kann. Schließlich empfiehlt es sich, die Maßnahmen durch Monitoring zu begleiten – etwa durch Zählen der Raupen oder Eisuche an Ampferpflanzen im Folgejahr, um den Erfolg (Zunahme der Fortpflanzung) zu kontrollieren . Dank solcher umfassenden Habitatpflegemaßnahmen konnte in manchen Regionen eine Trendwende erzielt werden: In den Zitzmannsdorfer Wiesen (Burgenland) z.B. findet man heute wieder relativ individuenreiche Feuerfalter-Populationen .

Wirkung der Maßnahmen

  • Raupen entwickeln sich auf den unteren Blattteilen von Ampfer, bevorzugt auf hochwüchsigen Pflanzen an feuchten Stellen. Zu frühe Mahd oder Trittbelastung zerstören Eiablagen und Futterpflanzen.
  • Falter benötigen blütenreiche Strukturen mit offenem Mosaik, in denen Ampfer und Nektarpflanzen (z. B. Baldrian, Mädesüß, Disteln, Flockenblumen) nebeneinander bestehen. Sie fliegen meist Juni–August.
  • Überwinterung als Ei oder kleine Raupe am Ampferstängel: Daher dürfen Altbestände im Herbst nicht komplett entfernt oder zerstört werden.
  • Spezialist dynamischer, extensiv genutzter Feuchtstandorte – typischer Verlierer der heutigen Intensivierung, aber auch Pionierart in wiedervernässten Projekten.
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