

Verbreitung in Österreich
Der Kleine Fuchs ist in ganz Österreich weit verbreitet und zählt zu den häufigsten Tagfaltern der Kulturlandschaft. Vom Flachland bis über die Baumgrenze (über 2.500 m) kann man ihn antreffen . Er fehlt nur in dichten Waldgebieten völlig, taucht aber selbst in Städten und hochalpinen Almen regelmäßig auf. Die Art ist bislang nicht gefährdet; in den letzten Jahren wurden jedoch in Teilen Europas Rückgänge gemeldet, die möglicherweise auch Österreich betreffen. Insgesamt gehört A. urticae aber noch zu den häufigeren Schmetterlingen hierzulande . Gelegentliche Bestandsschwankungen scheinen teils mit Parasitenzyklen (z.B. des Sturmfliegen-Parasitoids Sturmia bella) zusammenzuhängen, die regional Ausbrüche kontrollieren. Dennoch gilt der Kleine Fuchs als anpassungsfähig und robust, solange seine Futterpflanze – die Brennnessel – vorhanden ist.
Bevorzugte Habitate
Aglais urticae ist euryök (breit ökologisch angepasst) und besiedelt eine Vielzahl von Lebensräumen . Typische Habitate sind Wiesen und Weiden mit Brennnessel-Vorkommen, Gärten und Parks, Waldränder, Lichtungen sowie Ortsränder . Im Siedlungsbereich findet man ihn in Kleingärten, auf Ruderalflächen und Böschungen; in der Agrarlandschaft vor allem an Ackerrainen mit Brennnesseln, in Streuobstwiesen, an Dorfteichen mit Ufervegetation und ähnlichen Strukturen. Wichtig sind sonnige Standorte mit ausreichendem Angebot an Brennnesseln (für Raupen) und blütenreichen Bereichen (für Falter) . Da Brennnesseln gerne auf stickstoffreichen Böden wachsen (z. B. Dungstellen, Kompostplätze, Mistlagen), findet sich der Kleine Fuchs oft in der Nähe menschlicher Siedlungen oder Viehställe. In der freien Landschaft besiedelt er aber auch Flussufer mit Urtica-Beständen und Almen, wo Vieh lagerte (dort Brennnesselinseln). Kurz: A. urticae taucht überall auf, wo größere Brennnesselbestände in sonnenexponierter Lage vorhanden sind, und meidet nur dunkle Wälder und Intensiväcker ohne Krautsäume. Selbst hohe Lagen sind dank Brennnesseln an Almwiesen oder Berghütten möglich.
Nektarpflanzen (Imagines)
Der Kleine Fuchs nutzt ein breites Spektrum an Blüten. Er ist vom Frühling bis in den Herbst in mehreren Generationen unterwegs und braucht daher fast kontinuierlich Nektarquellen. Im Frühjahr (März/April) saugt er gerne an Weidekätzchen, Huflattich, Lungenkraut und Veilchen – alles frühe Blüher. Im Sommer werden insbesondere Disteln, Kratzdisteln, Skabiosen, Klee und Flockenblumenbesucht . In Gärten sind Buddleja (Schmetterlingsflieder), Lavendel, Echinacea etc. sehr attraktiv. Auch Löwenzahn und Obstblüten im Frühling sowie Herbstastern im Spätsommer werden angenommen. Selbst auf Fallobst(pflaumen, Birnen) kann man ihn gelegentlich saugen sehen, ähnlich wie den Admiral. Da der Kleine Fuchs oft in offenen Gelände fliegt, sind Feldraine mit Wiesen-Flockenblumen und Rotklee geradezu Magneten für ihn. Im Hochgebirge nutzt er Alpenblumen wie Disteln und Skabiosen. Insgesamt zeichnen sich A. urticae-Nektarpflanzen dadurch aus, dass sie häufige, leicht zugängliche Sammelblumen sind: Er fliegt zum Beispiel blühende Rapsfelder an oder Massenblüher auf Bergwiesen (Hahnenfußwiesen). Mit seinem mittel-langen Rüssel kann er eine große Bandbreite von Blütenformen ausbeuten. Es ist jedoch darauf zu achten, dass vor allem in aufgeräumten Gärten nicht ein “Blütenloch” entsteht – denn A. urticae bildet im Sommer manchmal 2–3 Generationen und braucht im Spätsommer dringend Nektar, um als letzte Generation gestärkt in den Winter (als Falter) zu gehen. Hier liefern Spätblüher wie Efeu, Heidekraut oder Sedum willkommene Energie.
Futterpflanzen der Raupen (L1–L5)
Die Raupen des Kleinen Fuchs sind monophag auf Große Brennnessel (Urtica dioica) spezialisiert . In seltenen Fällen werden auch andere Nesselarten (wie Urtica urens, die Kleine Brennnessel, oder Hopfen in Not) gefressen, aber die große Brennnessel ist der Standard. Die Weibchen legen ihre Eier in Gruppen (von 50 bis >100 Eiern) an die Unterseite von jungen Brennnesselblättern ab . Bevorzugt werden hochwachsende, sonnige Brennnesselstauden, oft an geschützten, etwas wärmeren Plätzen (z. B. Südseite einer Hecke). Die Raupen schlüpfen nach ca. 1–2 Wochen und leben zunächst in Gemeinschaftsgespinsten zusammen . Diese Gespinste aus Seidenfäden spannen sie über die obersten Teile der Brennnessel und verbleiben darin, während sie das Blattgewebe von oben nach unten abfressen. Später (ab dem 3. Raupenstadium) trennen sie sich und fressen einzeln oder in kleinen Gruppen weiter, oft jedoch immer noch an derselben Pflanze. Sie sind schwarz mit gelb-orange gepunkteten Seitenstreifen und Stachelborsten – gut getarnt auf der dunklen Nessel. Nach insgesamt etwa 4–5 Wochen (je nach Temperatur) verpuppen sie sich. Die Puppe hängt frei an Pflanzenteilen in der Nähe (häufig an der Nessel selbst oder benachbarten Zweigen). Sie ist graubraun mit goldgelb schimmernden Flecken (daher auch “Kleiner Fuchs” – die goldigen Flecken erinnern an die Fellfarbe). Nach ~2 Wochen Puppenzeit schlüpfen die Falter. Der Kleine Fuchs bildet mehrere Generationen (multivoltin) pro Jahr : in warmen Gegenden bis zu drei (April, Juli, September), in kühleren meist zwei. Die letzte Generation überwintert als erwachsener Falter in Verstecken (Holzstapel, Garagen etc.). Daher ist ein ständiges Angebot an Brennnesseln über den Sommer entscheidend – wird eine Fläche gemäht und alle Brennnesseln sind weg, hat die Folgegeneration ein Problem. Glücklicherweise treiben Brennnesseln nach dem Schnitt schnell wieder aus und können so auch zweite Eiablagen ermöglichen.
Gefährdung und aktuelle Bestandssituation
Der Kleine Fuchs ist derzeit nicht gefährdet in Österreich . Er zählt immer noch zu den häufigeren Arten, was vor allem seiner Anspruchslosigkeit zu verdanken ist. Dennoch können regionale Rückgänge auftreten. Drei Faktoren können ihm zusetzen: Erstens Rückgang von Brennnesselbeständen – etwa wenn Ufergehölze entfernt, Brachen bebaut oder Gärten zu sehr “aufgeräumt” werden. Brennnesseln wachsen oft da, wo Menscheneinfluss ist; entfernt man diesen völlig (alles intensiver Rasen, alle Wegränder gemulcht), fehlt die Raupennahrung. Zweitens Pestizideinsatz, insbesondere Herbizide und Insektizide, die an Ackerrändern oder in Gärten genutzt werden, können Raupen und Nahrungspflanzen vernichten . Drittens Verlust von Blühflächen – intensive Landwirtschaft (Monokulturen ohne Blühsaum, häufige Mahd der Wiesen) reduziert das Nektarangebot, was insbesondere späte Generationen schwächt. Im Gesamten kann man aber sagen: Solange es Menschen gibt, wird es irgendwo Brennnesseln geben, und damit Lebensraum für den Kleinen Fuchs. Sollte jedoch ein starker Flächenschwund an “wilden Ecken” eintreten, könnte auch der Kleine Fuchs zurückgehen. In manchen Regionen Europas (z. B. England, teilweise Deutschland) wurden in den 2010ern Rückgänge gemeldet, die man auch mit Parasitoiden (speziell einer aus Asien eingeschleppten Sturmia-Fliege) in Verbindung brachte. So etwas sollte man im Auge behalten. Aktuell gilt A. urticae aber als häufig und anpassungsfähig.
Maßnahmen zur Wiederansiedlung und Züchtung
Für den Kleinen Fuchs sind keine klassischen Wiederansiedlungsprojekte nötig – er ist vielerorts von selbst vorhanden und würde, falls lokal verschwunden, vermutlich aus Nachbararealen wieder einwandern, sobald die Bedingungen stimmen. Man kann ihn eher durch Habitatgestaltung “wiederansiedeln”: z. B. wenn in einem sterilen Stadtviertel Blühflächen und Brennnesselecken geschaffen werden, kommen Kleine Füchse meist bald dorthin. Die Zucht des Kleinen Fuchs ist unkompliziert (im Gegensatz zu vielen spezialisierten Arten). Schon Kinder haben in Aufzuchtkästen Brennnessel-Raupen großgezogen, da sie robust sind und an leicht beschaffbarem Futter (Brennnesselblättern) gedeihen. Sollte es jemals nötig sein, Bestände zu stützen (was derzeit nicht der Fall ist), könnte man durchaus einfach Raupen in großen Mengen auf Brennnesseln ziehen und aussetzen. Allerdings macht das wenig Sinn, solange Umweltfaktoren limitieren – die Art vermehrt sich ja an sich sehr gut (viele Eier, mehrere Generationen). Daher: Zucht nur pädagogisch (Schulprojekte) oder als Ausnahme, wenn man z.B. isolierte Inseleien neu besiedeln will. Wichtig ist eher, die Rahmenbedingungen(Habitat, Verfügbarkeit von Brennnesseln und Nektar) zu sichern.
Habitatmanagement
- Konkrete Maßnahmen: Zentral ist der Erhalt von Brennnesselbeständen . Das bedeutet konkret: In Gärten und Parks darf ruhig eine Ecke wild bleiben mit Brennnesseln. Anstatt alle Wegränder sauber zu mähen, einige Brennnessel-Hotspots dulden – z. B. hinter einer Scheune, am Kompostplatz, an Bachläufen. In der Landwirtschaft könnten Stilllegungsflächen gezielt so gemanagt werden, dass Brennnesseln sich ansiedeln (eine Stickstoffquelle wie Mistplatz in der Nähe fördert das). Falls Brennnesseln fehlen, kann man sie ansiedeln: durch Ausbringen von stickstoffreichem Mulch (Halbreifer Kompost) an einer sonnigen Stelle, wo Samen vorhanden sind, wachsen sie oft rasch. Blühflächen fördern: Dem Kleinen Fuchs kommen alle Maßnahmen zugute, die allgemein Blüten in der Landschaft erhöhen – etwa Blühstreifenprogramme, schonende Wiesenmahd, Ackerrand-Streifen. Pestizidverzicht ist selbstverständlich, vor allem auf Flächen mit Brennnesseln und in der Nähe (da Raupen und Falter empfindlich sind). Überwinterungsquartiere: Kleine Füchse überwintern gern in Holzstapeln, Dachböden, Keller. Man kann insofern helfen, als man z. B. Insektenhotels mit größeren Spalten oder offene Schuppen bereitstellt. Oder z.B. Efeu am Haus dulden, hinter dessen Blätter sich Falter klemmen. In ländlichen Gebieten ist das meist gegeben, in städtischen kann man es aber berücksichtigen.
- Zeitplan: Mahd und Flächenpflege so timen, dass Brennnesseln nicht alle gleichzeitig entfernt werden. Beispiel: Hat man einen großen Brennnesselbestand entlang eines Grabens, den man aus ästhetischen Gründen schneiden will, dann am besten abschnittsweise: einen Teil im Mai (nachdem evtl. Überwinterer ihre Eier gelegt haben, aber vor der neuen Raupengeneration), den Rest im Spätsommer (nachdem die Raupen weg sind). Noch besser: Nur alle 2 Jahre mähen, Brennnesseln verjüngen sich ohnehin aus Wurzelausläufern. Brennnesselstauden, die wegen Sichtbehinderung gekappt werden müssen, idealerweise nach Ende Juli schneiden, da bis dahin die meisten Raupennester der ersten Generation durch sind. Gärten: Im Herbst gern Laub und Pflanzenstängel etwas stehen lassen, Falter nutzen das als Versteck. Blühflächen: gestaffelt mähen (siehe oben bei Goldene Acht etc.), damit immer was blüht.
- Materialbedarf: Wenig bis nichts. Hauptsächlich geht es ums Nichtstun: also z.B. kein Herbizid (spart Material), kein übertriebenes Mähen. Wenn man Brennnesseln pflanzen will: Rhizome der Großen Brennnessel lassen sich einfach verpflanzen – also Spaten, Eimer, Handschuhe (wichtig!). Evtl. ein Schild “Hier dürfen Brennnesseln wachsen” um aufzuklären in öffentlichen Grünanlagen. Für Überwinterungshilfen: man kann Bündel aus dünnen Ästen oder Bambusrohren in eine Ecke legen als “Schmetterlingsquartier”, Material: Schnur, Zweige.
- Notwendige Maschinen oder Geräte: Keine speziellen. Standard-Grünpflegegeräte (Motorsense, Balkenmäher), wobei die Empfehlung eher lautet, sie seltener einzusetzen als üblich. Heckenscherekann man benutzen, um Brennnesseln “in Form” zu schneiden, falls zu hoch. Aber wozu – lieber sein lassen. Falls Brennnesseln gewünscht sind und nicht kommen, könnte man experimentell Urtica-Saatgut ausbringen – kein übliches Verfahren, Brennnessel verbreitet sich normal von allein.
- Hinweise zur Umsetzung in der Praxis: Die Herausforderung ist oft Akzeptanz: Brennnesseln gelten als Unkraut und Brennnessel-“Unordnung” wird mancherorts nicht gerne gesehen. Hier hilft Aufklärung: Der Kleine Fuchs, ein hübscher orange-bunter Falter, kann als “Maskottchen” herhalten, um Brennnesseln positiv darzustellen. Aktionen wie “Schmetterlingsfreundlicher Garten” prämieren bewusst auch Gärten mit Brennnessel-Ecke. Kommunen könnten auf Grünflächen kleine Tafeln aufstellen: “Hier wachsen Brennnesseln als Kinderstube für den Kleinen Fuchs-Schmetterling” – solche Info schafft Toleranz. Insgesamt decken sich die Bedürfnisse des Kleinen Fuchs stark mit generellem Insektenschutz: Weniger Pestizide, mehr Wildwuchs. Vom Monitoring her ist er Teil des Tagfalter-Monitorings – stagnierende oder zurückgehende Zahlen könnte man als Warnsignal werten, z. B. in ausgeräumten Agrargebieten. Umgekehrt ist seine Häufigkeit oft ein Gradmesser für die Landschaftsqualität: viele Kleine Füchse = viele Brachen & Blühflächen. Man kann ihn daher gut als Botschafter einsetzen, um Kleinmaßnahmen zu fördern (nicht jede “Unordnung” gleich beseitigen). Sollte wirklich ein starker Rückgang eintreten, ließe sich mit geringem Aufwand gegensteuern: Brennnesseln wachsen schnell, wenn man sie lässt. In Summe ist der Kleine Fuchs ein Paradebeispiel dafür, dass auch Allerweltsartenaktiven Schutz verdienen, denn sie sind ökologisch bedeutsam (häufige Falter = wichtige Bestäuber, Raupen = Nahrung für Vögel). Ihn zu schützen heißt, uns selbst zu erlauben, ein Stück Wildheit in unserer Umgebung zu bewahren.
Wirkung der Maßnahmen
- Der Kleine Fuchs ist ein „Kulturfolger“, aber kein Kulturüberlebender – ohne gezielte Rückzugsräume, giftfreie Strukturen und blütenreiche Zonen verschwindet er lokal auch in Gärten und Dörfern. Blühangebot an.
- Eier werden in Gruppen auf die jungen Triebe von Brennnesseln abgelegt, meist an sonnigen, windgeschützten Stellen. Die Pflanzen dürfen nicht zu früh oder häufig geschnitten werden.
- Raupen leben in Gespinsten an den Pflanzen – sie sind stark gefährdet durch Mulchung, Mahd und Spritzmittel. Auch regelmäßige Grabenpflege oder Gehölzaufwuchs kann Bestände schnell zerstören.
- Falter benötigen reichlich Nektarpflanzen im Sommer und Spätsommer, sowie Überwinterungsquartiere (z. B. Holzhaufen, Schuppen, Mauerritzen).