Jedes Jahr treten die nur ein Gramm schweren Monarchfalter eine mehr als 3.500 Kilometer lange Reise an. Sie sind die berühmtesten Wanderfalter, weil sie in riesigen Schwärmen von Nordamerika nach Zentralmexiko fliegen – in ein nur wenige Hektar großes Gebiet innerhalb des Bergwalds von Michoacán. Doch wie genau finden die Falter über Tausende Kilometer in ihr kleines Überwinterungsgebiet? Auf ihrer Wanderung orientieren sich die auffällig orange-schwarz-weiß gezeichneten Schmetterlinge an der Sonne. Das fanden Forscher heraus, indem sie die Falter in Flugsimulatoren setzten. Ein Luftzug ließ die Falter auf der Stelle fliegen, ohne dabei eine Richtung vorzugeben. „Die Falter schlugen durchweg einen südwestlichen Kurs ein. Dabei orientierten sie sich am Stand der Sonne“, erklärt Studienautor Mouritsen.
Sobald die Flugsimulatoren abgedeckt wurden, fehlte den Tieren die Möglichkeit zur Orientierung. Alle Experimente und Datenanalysen belegen, dass die Schmetterlinge einen Sonnenkompass benutzen, aber keine „echten Navigatoren“ sind. Das heißt, wenn man sie Tausende Kilometer entfernt von ihrem ursprünglichen Startort absetzt, finden Sie nicht automatisch in ihr Überwinterungsgebiet. Sie haben also keine Karte, um Orientierungsfehler zu korrigieren. Damit sie wirklich so zielgenau in einem nur wenige Hektar großen Gebiet ankommen, orientieren sie sich vermutlich zusätzlich an geographischen Barrieren wie Gebirgen oder Wasser. Die Forscher vermuten, dass auch olfaktorische Informationen, also über den Geruchssinn, eine wichtige Rolle bei der Orientierung der Falter spielen.
Der Kompass entsteht erst beim Fliegen
Vor kurzem fanden Forscher heraus, dass sich der Sonnenkompass der Monarchfalter erst beim Fliegen ausbildet. Bislang gingen sie davon aus, dass der Sonnenkompass immer funktioniert – egal ob die Insekten sitzen, laufen oder fliegen.
Erstaunlicherweise ändern die Nervenzellen während des Fluges ihre Verarbeitungsstrategie, sodass das Nervennetzwerk ähnlich wie ein Kompass die Wanderrichtung der Falter relativ zur Sonne anzeigt. Das passiert nur dann, wenn die Tiere ihre Flugrichtung selbst steuern können.
Diese Experimente beweisen: Die aktive Bewegung der Falter ist nötig, damit ihr Gehirn die Sonneninformation in einem internen Kompass auf der Wanderung verarbeiten kann. Selbst ein Gehirn von der Größe eines Reiskorns besitzt solche erstaunlichen Fähigkeiten. Eine solche Leistung ohne moderne Navigationsgeräte ist für uns Menschen schwer vorstellbar.
Auch andere Tierarten orientieren sich an der Sonne
Auch viele andere Tierarten verwenden einen Sonnenkompass: unsere heimischen Schmetterlinge wie Admiral oder Distelfalter, Fische, Vögel, Meeresschildkröten, Bienen, Sandhüpfer, Reptilien und Ameisen. Bei der Ausrichtung des Sonnenkompasses wird die Position der Sonne am Himmel als Richtungshinweis verwendet. Da sich die Sonne scheinbar am Himmel bewegt, benötigt man für diese Navigation auch eine innere Uhr. Viele Tiere sind auf eine solche Uhr angewiesen, um ihren Tagesrhythmus aufrechtzuerhalten. Tiere stellen die Position der Sonne am Himmel in Referenz zur Zeitangabe ihrer inneren Uhr, sie richten also ihren Körper in einem bestimmten Winkel zur Sonne und zur Tageszeit aus. Meeresschildkröten nutzen diese Orientierung, um jedes Jahr wieder zu ihren Brutorten zu gelangen. Sandhüpfer nutzen die Sonne täglich, um zu bestimmen, wo ihr Zuhause liegt. Und Wüstenameisen verwenden den Sonnenkompass als Referenz für die Entfernung zu ihrem jeweiligen Ziel.